GRAD
Kuttenberger Handschriften des 15. und 16. Jahrhunderts

Kuttenberger Graduale - Wien


Das bekannte Titelblatt
Diese Quelle befindet sich in der Wiener Nationalbibliothek. Es handelt sich wahrscheinlich um die bekannteste Kuttenberger Handschrift. Die Reproduktion des Titelblattes, welches den Kuttenberger Grubenbetrieb darstellt, fehlt wohl in kaum einer Publikation über Kuttenberg.

Das Graduale ist das Werk des Illuminators Matthäus, ähnlich wie das Smíšek-Graduale. Es entstand vermutlich um das Jahr 1490, offenbar etwas früher als dieses oder gleichzeitig. Es stellt eine neue Generation hervorragender Buchmalerei der Spätgotik dar. Ganz offensichtlich knüpft es an Valentins Kuttenberger Antiphonar an, von dem es z.B. die Medaillons übernahm. Neben dem Hauptilluminator arbeitete wahrscheinlich ein Schüler Valentins daran. Mit der gestalterischen Seite des Graduales beschäftigte sich eingehend eine ganze Reihe von Autoren [11, 19, 20, 21]. Diese Quelle stellt eine einzigartige Ansammlung bergmännischer Ikonographie dar.


Bergmannsgelage
Das Graduale ist utraquistisch. Davon zeugt beispielsweise die Darstellung der um den Kelch versammelten Evangelisten mit der Aufschrift "hoc facite in meam memoriam". Es gibt Theorien, dass man es als Geschenk für den König Wladyslaw Jagellio in Auftrag gegeben hatte [11]. (Hier erscheint 2x das Monogramm“W“ mit einem kleineren „L“ darüber, was zu der Annahme führt, dass es sich um Wladyslaw und Ludwig Jagellio handelt. Letzterer wurde jedoch erst 1506 geboren, lange nach der Fertigstellung des Graduales [21].

Die Hypothese, dass es erst später dazugemalt wurde, ist nicht allzu stichhaltig) Andere neigen zu der Ansicht, dass das Graduale von der Bergmannsgemeinde für die St. Jakobskirche bestellt wurde [18]. Dem entspricht auch die Abbildung der Kirche in der Initiale auf dem Blatt 116b [21]. In jener Zeit war sie Kathedralkirche der utraquistischen Kirche (Bischofssitz) und das Graduale war möglicherweise für den bischöflichen Gottesdienst bestimmt [23].


Maria mit dem Kind und Jungfrau mit Einhorn

Historische Abbildung der St. Jakobskirche


Zeitgenössischer Blick auf die Kirche
Die Choräle sind in rhombischer Choralnotierung und teilweise in schwarzer Mensuralnotierung aufgezeichnet.
Von den mehrstimmigen Stücken sind lediglich 2 enthalten, "Patrem" (Credo) in schwarzer Mensuralnotierung auf 4 Linien [18]. Diese Kompositionen waren in der damaligen Zeit in verschiedenen Varianten sehr verbreitet. Die zweite hat den Charakter einer Zweitext-Motette.
CANTICA 2006. Kontakt: kafka@email.cz